Karibik

Ein bezaubernder Abschied…

St. Kitts, 15.12.2022

Unsere letzte Station, bevor es auf eine zweitägige Rückreise ausschließlich auf See gehen sollte war die Insel St. Kitts, die mit der Nachbarinsel Nevis, die nur ca. 3 km entfernt liegt, einen gemeinsamen Inselstaat bildet. Bemerkenswert ist dabei, dass beide Inseln in der letzten Eiszeit, in der der Meerespiegel ca. 60 m niedriger lag, mit weiteren naheliegenden Kleinstinseln eine gemeinsame Landmasse bildeten. Heute weist St. Kitts mit einer Fläche von caq. 169 km² lediglich 15 % der Fläche der Stadt Berlin auf und ist mit lediglich ca. 40.000 Einwohnern absolut kein Bevölkerungsriese.

Umso erstaunlicher war dann allerdings, was alles wir an modernen Gebäuden, Instituten, Universitäten oder Flughäfen vorfinden konnten. Kein Verfall auch in der kleinen Hafenstadt Basseterre, durch dessen teils enge Straßen uns ein zu Recht stolzer Reiseführer gefüjhrt hat. Es ist ein Inselstaat, der sich im besten Sinne des Wortes entwickelt und scheinbar von sehr klugen und weitsichtigen Politikern in die Moderne geführt wird. Mit einer Arbeitslosenquote von ca. 4,5% liegt sie fast im “europäischen Standard”. Natürlich gibt es auch auf der Insel Schattenseiten. So haben sich in den Ortschaften Jugend-Gangs gebildet, die sich buchstäblich bis aufs Messer bekriegt und die Mordrate bis vor ca. 10 Jahren fast staatsagefährdend in die Höhe getrieben haben. Ein bei dem “normalen” Bürger vor Ort umstrittenes Programm der Regierung, das den Clan-Chiefs ein bedingungsloses Einkommen garantiert, so lange sie dafür Sorge tragen, dass die Bandenkriege eingestellt werden und bleiben, hat hier diese Mordrate aug Null gesenkt. Das Problem der Gangs ist jedoch geblieben und wird derzeit – auch erfolgreich – durch verstärktes Engagement in die Bildung und Ausbildung der Jugendlichen bekämpft. Zumindest letztere Maßnahme ist eine strategisch kluge Vorgehensweise, denn das Prinzip lautet Förderung und Bildung geistiger Eliten. Hier sind die Politiker dieses Zwergenstaates wohl klüger als manche Politiker in unserem so fortschrittlichen Land.

St. Kitts hat eine bewegte Geschichte und war seit der Entdeckung durch Europäer immer wieder abwechselnd in spanischer, französicher und auch englischer Hand. Erst mit dem Frieden von Paris 1783 wurde sie dann endgültig britisch, in 1983 dann endgültig unabhängig.

Die Merheit der Einwohner sind Nachfahren afrikanischer Sklaven, wobei bis heute deutlich erkennbar der Grundsatz gilt: weiß gleich reich – farbig gleich weniger reich bis arm.

Unser Ausflug führte uns zunächst durch die kleine Hauptstadt Basseterre und danach an der Küste entlang in Richtung Nordwesten. Vorbei an modernen Gebäuden zweier medizinischer Fakultäten, moderne Gebäude mit Campus-Charakter, da für die ausländischen Studenten vor allem der benachbarten karibischen Staaten unzählige Wohnungen bzw. Appartements in unmittelbarer Nähe gebaut wurden.

Eine erste Station außerhalb von Basseterre führte uns auf ein gut erhaltenes, zauberhaft gelegenes Herrenhaus, dem Fairview Great House, das in 1701 erbaut wurde und seitdem mehrere Besitzer hatte. Alle Besitzer haben den mit Bau des Hauses angelegten botanischen Garten gepflegt, der trotz der hohen Temperaturen zu einem Spaziergang durch eine tropische Pflanzenwelt einlud.

Die zweite Station führte uns zunächst an einer kleinen karibischen Sensation vorbei: einem Petroglyphen, der von den ersten Bewohnern St. Kitts, Kariben oder auch etwas später Arawaks in einen Felsen geritzt wurden. Die eigentliche Bedeutung ist umstritten, einerseits werden Fruschtbarkeitssymbole, anderseits auch Darstellungen von Göttern vermutet. Die Petroglyphen von Romney Manor sind nicht nur die ältesten sondern auch noch die größten der gesamten Karibik.

Nicht weit vom Standort der Petroglyphen befindet sich mitten im Regenwald, aber herrlich angelegt ein weiteres, etwas kleineres Herrenhaus, das dem Ur-Ur-Ur-Großvater des ehemaligen amerikanischen Präsidenten Thomas Jefferson gehörte und heute eine Batikwerkstatt und natürlich: einen sehenswerten botanischen Garten mit überwiegend tropischen Bäumen aufzuweisen hat.

Vorletzte und spektakulärste Station dieses Ausfluges war das Brimstone Hill Fort, eine gewaltige Festungsanlage auf einem Vulkanrücken in bis zu 243m Höhe, mit fantastischen Aussichten rundum. Die Anlage wurde ca. 1690 begonnen und erst 1790 in die Form gebracht, die wir heute noch begehen können. Nicht zu ermessen, wieviele der afrikanischen Sklaven, die dem Vulkanhügel diese Anlage abringen mussten, dabei ihr Leben verloren haben. Seit 1995 ist Brimstone Hill Weltkulturerbe und ja, zu Recht.

Auch wenn die Ausblicke auf der Hauptebene der Festung schon spektakulär genug sind, es geht noch besser. Allerdings nur, wenn man die letzten ca. 100 Höhenmeter auf einem außerordentlich steilen Fußweg überwindet. Bei 30 Grad Außentemperatur erneut eine schweißtreibende Angelegenheit. Und so wurde auch heftig gelacht, als ich beim Aufstieg, den ich, nachdem ich schon am Vortag das Fort Napoleon habe ausfallen lassen, nicht auch noch vermeiden wollte, eine mir entgegenkommende Besucherin schwer atmend fragte, ob den “da oben” auch ein Sauertstoffzelt aufgebaut sei. Aber der Aufstieg hat sich gelohnt. Nicht nur dass dort sehr gut erhaltene Kassematten besichtigt werden konnten. In den Räumen waren dann auch durch Puppen und zeitgenössische Austattungsgegenstände die Lebensbedingungen der dort stationierten Soldaten dargestellt. Unvorstellbar der Gedanke, hier bei permanent Temperaturen um die 30 Grad mit den vollständigen Uniformen, Perücke auf dem Kopf und Dreispitz seinen Dienst leisten zu müssen. Wohl nichts für feine Nasen.
Und sensationell auch der Blick von dieser höchsten Plattform auf die Strände der Insel in südwestliche Richtung und in den Urwald der Tropeninsel in nordostwärtiger Richtung. Man hätte Stunden hier verweilen können und dennoch in jeder Minute etwas anderes, noch schöneres sehen können. Ich habe mir schon viele Forts und Verteidungsanlagen weltweit angeschaut. Brimstone Hill zählt wohl zu denjenigen, die man nie mehr vergessen wird.

Letzte Station des Tages und unserer Kreuzfahrt war ein Aussichtspunkt auf der Insel, der den Blick sowohl auf den Atlantik (links auf dem Bild) und der karibischen See (rechts auf dem Bild ermöglicht. Wer diesen Punkt anfährt muss zuvor die wohl neuesten Gebäude bzw. Siedlungsbereiche der Insel durchqueren, wobei Dimension der Häuser und Anlagen sowie ein Golfplatz des ebenfalls hier an einem wunderbaren Strand gelegenen Hilton-Hotels deutliche Hinweise auf die hier ansässige Klientel geben. Unser Reiseführer sagte, dass vor dem Aussichtspunkt, eigentlich ein Scheitelpunkt bzw. eine Passhöhe “nur” die Millionäre leben würden, dahinter dann sogar die Milliardäre. Ganz so dürfte es wohl nicht sein, denn wir durchquerten auch das Campusgelände einer Fachhochschule, auf dem Unterkünfte standen, die absolut “state of the art” waren.


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